Herzrasen bei Panikattacken
Verstehen Sie Herzrasen bei Angst und Panik - mit medizinischen Fakten, Notfall-Strategien und Unterscheidung zu Herzerkrankungen.
Notfall: Wann sofort den Notarzt rufen?
Bei Herzrasen über 150 Schläge/Min, starken Brustschmerzen, Atemnot, Ohnmacht oder wenn das Herzrasen länger als 30 Minuten anhält - rufen Sie sofort 112!
Was ist Herzrasen bei Panikattacken?
Herzrasen (Tachykardie) ist eines der häufigsten und beängstigendsten Symptome einer Panikattacke. Während einer Panikattacke kann die Herzfrequenz auf 100-150 Schläge pro Minute oder mehr ansteigen - normal sind 60-100 Schläge pro Minute in Ruhe.
Wichtig zu verstehen:
Herzrasen bei Panikattacken ist in der Regel nicht gefährlich für das Herz selbst, auch wenn es sich bedrohlich anfühlt. Es ist eine natürliche Reaktion des Körpers auf empfundenen Stress.
Warum entsteht Herzrasen bei Panikattacken?
Die körperliche Erklärung
- 1. Stressreaktion: Das Gehirn interpretiert eine Situation als bedrohlich
- 2. Adrenalin-Ausschüttung: Die Nebennieren setzen Stresshormone frei
- 3. Herzstimulation: Adrenalin und Noradrenalin beschleunigen den Herzschlag
- 4. Verstärkung: Die Angst vor dem Herzrasen verstärkt die Panikreaktion
Evolutionärer Zweck
Diese "Kampf-oder-Flucht"-Reaktion war ursprünglich lebensrettend: Ein schneller Herzschlag pumpt mehr Sauerstoff zu den Muskeln, um bei Gefahr schnell fliehen oder kämpfen zu können.
Symptome von angstbedingtem Herzrasen
Typische Herzrasen-Symptome:
- • Herzfrequenz 100-150+ Schläge/Min
- • Spürbare, starke Herzschläge
- • "Herz springt aus der Brust" Gefühl
- • Pulsschlag im Hals oder Ohren
- • Unregelmäßiger Herzrhythmus
- • Herzstolpern oder Aussetzer
Begleitsymptome:
- • Schweißausbrüche
- • Zittern
- • Atemnot
- • Schwindel
- • Brustschmerzen
- • Übelkeit
Unterscheidung: Panik-Herzrasen vs. Herzerkrankung
Merkmale von Panik-bedingtem Herzrasen:
Eher harmlos (Panik):
- ✓ Beginnt plötzlich, endet auch plötzlich
- ✓ Dauert meist 5-20 Minuten
- ✓ Tritt in Ruhesituationen auf
- ✓ Begleitet von Angstgefühlen
- ✓ Beruhigt sich durch Entspannung
- ✓ Regelmäßiger Rhythmus trotz Schnelligkeit
Ärztlich abklären:
- ⚠ Herzrasen bei körperlicher Anstrengung
- ⚠ Unregelmäßiger, chaotischer Rhythmus
- ⚠ Starke Brustschmerzen mit Ausstrahlung
- ⚠ Atemnot ohne Panikgefühl
- ⚠ Ohnmacht oder Bewusstseinsverlust
- ⚠ Herzrasen länger als 30 Minuten
Soforthilfe bei Herzrasen während Panikattacken
1. Valsalva-Manöver (Pressatmung)
- • Tief einatmen und Luft anhalten
- • 15 Sekunden lang pressen (wie bei Stuhlgang)
- • Langsam ausatmen
- • Kann den Vagusnerv aktivieren und Herzschlag verlangsamen
Vorsicht: Nicht bei Herzerkrankungen oder hohem Blutdruck anwenden!
2. Kaltwasser-Technik
- • Kaltes Wasser über Handgelenke laufen lassen
- • Kalten Waschlappen auf Stirn und Nacken
- • Gesicht kurz in kaltes Wasser tauchen
- • Aktiviert den "Tauchreflex" und verlangsamt den Herzschlag
3. 4-7-8 Atemtechnik
- • 4 Sekunden durch die Nase einatmen
- • 7 Sekunden Luft anhalten
- • 8 Sekunden langsam durch den Mund ausatmen
- • 4-8 mal wiederholen
4. Progressive Muskelentspannung
- • Fäuste 5 Sekunden fest ballen, dann entspannen
- • Schultern 5 Sekunden zu den Ohren ziehen, dann fallen lassen
- • Bewusst alle Muskelgruppen entspannen
- • Hilft dabei, die Gesamtanspannung zu reduzieren
Langfristige Strategien gegen Herzrasen bei Angst
Lebensstil
- • Koffein reduzieren (max. 2 Tassen/Tag)
- • Alkohol vermeiden
- • Regelmäßiger Schlaf (7-9 Stunden)
- • Ausgewogene Ernährung
- • Stress reduzieren
Sport & Bewegung
- • Ausdauersport (3x/Woche 30 Min)
- • Yoga oder Tai Chi
- • Spaziergänge in der Natur
- • Schwimmen
- • Entspannungssport
Entspannungstechniken
- • Meditation (täglich 10-20 Min)
- • Atemübungen
- • Progressive Muskelentspannung
- • Achtsamkeitstraining
- • Autogenes Training
Medikamentöse Behandlung
Mögliche medikamentöse Optionen:
Akut-Behandlung:
- • Betablocker: Reduzieren Herzfrequenz und Zittern
- • Benzodiazepine: Nur kurzfristig bei schweren Panikattacken
- • Pflanzliche Mittel: Baldrian, Passionsblume, Lavendel
Langzeit-Behandlung:
- • SSRI-Antidepressiva: Reduzieren Häufigkeit der Panikattacken
- • SNRI-Antidepressiva: Bei gleichzeitiger Depression
- • Pregabalin: Bei generalisierten Angststörungen
Wichtig: Alle Medikamente nur nach Rücksprache mit einem Arzt einnehmen!
Selbsttest: Ist mein Herzrasen angstbedingt?
Checklist für angstbedingtes Herzrasen:
Auswertung: 4-6 Punkte sprechen für angstbedingtes Herzrasen. Bei weniger Punkten oder zusätzlichen Symptomen sollten Sie einen Kardiologen konsultieren.
Wann zum Arzt?
Sofort zum Notarzt (112):
- • Herzfrequenz über 150 Schläge/Minute
- • Starke Brustschmerzen mit Ausstrahlung in Arm/Kiefer
- • Atemnot ohne Panikgefühl
- • Bewusstseinsverlust oder Ohnmacht
- • Herzrasen länger als 30 Minuten
Zeitnah zum Hausarzt/Kardiologen:
- • Erstes Auftreten von Herzrasen
- • Herzrasen wird häufiger oder intensiver
- • Unregelmäßiger Herzrhythmus
- • Begleitsymptome wie anhaltende Müdigkeit
- • Herzrasen auch ohne Angstgefühl
Diagnostik beim Arzt
Mögliche Untersuchungen:
Basis-Untersuchungen:
- • EKG (Elektrokardiogramm)
- • Langzeit-EKG (24-48h)
- • Blutuntersuchung (Schilddrüse, Elektrolyte)
- • Echokardiografie (Herzultraschall)
Erweiterte Diagnostik:
- • Belastungs-EKG
- • Event-Recorder
- • Schellong-Test
- • Psychologische Evaluation
Wichtiger Hinweis
Diese Informationen ersetzen keine professionelle medizinische Beratung. Bei anhaltenden Beschwerden suchen Sie bitte einen Arzt oder Psychotherapeuten auf.