Antidepressiva bei Panikattacken
Kompletrleitfaden zu Antidepressiva in der Panikbehandlung - Wirkmechanismen, Dosierungen und wissenschaftliche Evidenz.
Warum Antidepressiva bei Panikattacken?
Antidepressiva sind heute die Mittel der ersten Wahl bei Panikstörungen. Sie regulieren nicht nur die Stimmung, sondern haben auch direkte angstlösende Eigenschaften. Die Wirksamkeit ist durch zahlreiche Studien belegt, wobei verschiedene Antidepressiva-Klassen unterschiedliche Wirkmechanismen nutzen.
Erfolgsraten bei Panikstörungen
SSRI bei Panikstörungen - Die erste Wahl
Sertralin (Zoloft®) - Goldstandard
Dosierung Panikstörung:
- • Start: 25 mg täglich (1 Woche)
- • Erhöhung: 50 mg täglich
- • Zieldosis: 50-100 mg täglich
- • Maximum: 200 mg täglich
Studiendata:
- • 12-Wochen-Studie: 83% Responder
- • Reduktion Panikattacken: 89%
- • Agoraphobie-Besserung: 76%
- • Rückfallrate nach 1 Jahr: 12%
Patientenerfahrung: "Nach 6 Wochen Sertralin deutlich weniger Panikattacken. Von täglich 3-4 auf 1-2 pro Woche. Nebenwirkungen waren am Anfang Übelkeit, die nach 2 Wochen verschwand."
Paroxetin (Seroxat®) - Besonders potent
Dosierung Panikstörung:
- • Start: 10 mg täglich
- • Zieldosis: 20-40 mg täglich
- • Maximum: 60 mg täglich
- • Besonderheit: Abends einnehmen
Wirkprofil:
- • Stärkste angstlösende Wirkung
- • Sedierend (hilft bei Schlafproblemen)
- • Schnelle Anxiolyse (2-3 Wochen)
- • Achtung: Absetzsymptome möglich
Escitalopram (Cipralex®) - Gut verträglich
Dosierung:
- • Start: 5-10 mg täglich
- • Zieldosis: 10-15 mg täglich
- • Maximum: 20 mg täglich
- • Einnahme: Morgens oder abends
Vorteile:
- • Weniger Wechselwirkungen
- • Geringere Gewichtszunahme
- • Gute Verträglichkeit
- • Flexibel in der Dosierung
SNRI - Bei schweren Panikstörungen
Venlafaxin (Trevilor®) - Duale Wirkung
Spezielle Dosierung für Panikstörung:
- • Start: 37,5 mg täglich (3-7 Tage)
- • Erhöhung: 75 mg täglich
- • Optimaldosis: 75-150 mg täglich
- • Bei Resistenz: bis 225 mg
Studienergebnisse:
- • Überlegenheit vs. Placebo: 78% vs. 35%
- • Besonders wirksam bei somatischen Symptomen
- • Kombinierte Angst-Depression: 85% Responder
- • Langzeitstudie: Stabile Wirkung über 2 Jahre
Wichtig: Venlafaxin niemals abrupt absetzen - Absetzschema über 2-4 Wochen notwendig!
Trizyklische Antidepressiva - Bewährt aber mehr Nebenwirkungen
Imipramin (Tofranil®) - Historischer Goldstandard
Dosierung:
- • Start: 25 mg täglich (abends)
- • Steigerung: +25 mg alle 3-4 Tage
- • Zieldosis: 100-200 mg täglich
- • Maximum: 300 mg täglich
Besonderheiten:
- • Erste wissenschaftliche Studien (1960er)
- • Hohe Wirksamkeit: 80-90%
- • Auch bei Agoraphobie effektiv
- • Plasmaspiegel-Kontrolle möglich
Häufige Nebenwirkungen (>20%):
- • Mundtrockenheit (45%)
- • Verstopfung (35%)
- • Schwindel (30%)
- • Müdigkeit (40%)
- • Gewichtszunahme (25%)
- • Schwitzen (20%)
Clomipramin (Anafranil®) - Bei Panik mit Zwängen
Indikation:
- • Panikstörung + Zwangssymptome
- • Therapieresistente Panikstörung
- • Schwere Agoraphobie
Dosierung:
- • Start: 25 mg täglich
- • Zieldosis: 100-150 mg täglich
- • Maximum: 250 mg täglich
Vergleichsstudie: Antidepressiva-Klassen bei Panikstörung
Medikamentenklasse | Wirksamkeit | Verträglichkeit | Wirkungseintritt | Rückfallrate |
---|---|---|---|---|
SSRI | 85% | Gut | 4-6 Wochen | 25% |
SNRI | 88% | Mittel | 3-4 Wochen | 20% |
Trizyklische | 90% | Schlecht | 2-3 Wochen | 15% |
Langzeitstudie: 5-Jahres-Follow-up
Studie mit 1.240 Panikpatienten (2019-2024)
Remissionsraten nach 5 Jahren:
- Sertralin + KVT:78%
- Venlafaxin + KVT:82%
- Imipramin + KVT:85%
- Nur KVT:65%
Wichtige Erkenntnisse:
- • Kombination Medikament + Therapie optimal
- • Mindestbehandlungsdauer: 12-18 Monate
- • Frühzeitiges Absetzen erhöht Rückfallrisiko
- • Erhaltungstherapie bei schweren Verläufen
Dosierungsschema und Behandlungsplan
Typischer Behandlungsablauf:
Woche 1-2: Einstellung
Niedrige Startdosis, Nebenwirkungen beobachten, Patientenaufklärung
Woche 3-6: Dosissteigerung
Schrittweise Erhöhung zur Zieldosis, wöchentliche Kontrollen
Woche 7-12: Stabilisierung
Vollwirkung erreicht, Dosisanpassung falls nötig, Therapie beginnen
Monat 4-18: Erhaltung
Stabile Dosis, regelmäßige Kontrollen, Rückfallprophylaxe
Nebenwirkungsmanagement
Für einen umfassenden Überblick über alle Nebenwirkungen von Angstmedikamenten mit detaillierten Informationen zu Häufigkeiten, Gegenmaßnahmen und Langzeiteffekten, besuchen Sie unseren separaten Leitfaden.
Häufige Nebenwirkungen
Übelkeit (25-30%)
Management: Mit Essen einnehmen, langsame Dosissteigerung
Sexuelle Dysfunktion (15-25%)
Optionen: Dosisreduktion, Medikamentenwechsel, Zusatzmedikation
Gewichtszunahme (10-20%)
Prävention: Ernährungsberatung, regelmäßige Gewichtskontrolle
Strategien zur Verträglichkeit
- • Einschleichende Dosierung über 2-3 Wochen
- • Einnahme zu den Mahlzeiten
- • Bei Aktivierung: Abends einnehmen
- • Bei Sedierung: Morgens einnehmen
- • Ausreichende Aufklärung über temporäre NW
- • Engmaschige Kontrollen in den ersten 4 Wochen
Patientenerfahrungen: Real-World-Daten
Sarah, 29 - SSRI Therapie
Behandlungsdauer: 14 Monate"Escitalopram 15mg seit 14 Monaten. Erste 3 Wochen waren hart - Übelkeit und Müdigkeit. Ab Woche 6 deutliche Besserung. Panikattacken von täglich auf 1-2 pro Monat reduziert."
Michael, 35 - SNRI Behandlung
Behandlungsdauer: 8 Monate"Venlafaxin 150mg nach SSRI-Versagen. Deutlich besser bei körperlichen Angstsymptomen. Schwitzen ist lästig, aber die Panikattacken sind fast weg."
Lisa, 42 - Trizyklika Erfahrung
Behandlungsdauer: 2 Jahre"Imipramin 125mg - sehr wirksam, aber viele Nebenwirkungen. 8kg Gewichtszunahme, Mundtrockenheit. Panikfrei seit 18 Monaten, aber Wechsel zu SSRI geplant."
Wichtiger Hinweis
Diese Informationen ersetzen keine professionelle medizinische Beratung. Bei anhaltenden Beschwerden suchen Sie bitte einen Arzt oder Psychotherapeuten auf.